Text über die Dhron und Umgebung von Uwe Anhäuser, Hunsrück und Naheland, DuMont-Kunst-Reiseführer, 1987

 

Unterhalb von Heinzerath und Rapperath verlässt die gut ausgebaute Straße in Richtung Merscheid für einige Kilometer den Talgrund der Dhron. Bald sieht man auf einer Bergkante den von einer schönen Baumgruppe beschatteten Umriss eines großen Grabhügels der Römerzeit. Merscheid, etwas unterhalb dieser Kulisse gelegen, besitzt eine schmucklose Kirche (1826/27), in welcher das Retabel des Hochaltars (Ende 18. Jh.) als gute Arbeit im barocken Stil zu betrachten ist; es wurde der Kirche 1828 geschenkt und stammt vermutlich aus einer in den französischen Revolutions- und Besatzungsjahren aufgelösten Abteikirche. An der Kapelle oberhalb des Ortes (gleich daneben ein gusseisernes Kreuz auf Sandsteinsockel) genießt man bei klarer Sicht vom Straßenrand aus ein herrliches Panorama über das bucklige Land unter der Erbeskopf-Höhenlinie. Hier zweigt auch der Weg zum Römergrab ab, während nur einige hundert Meter weiter zur anderen Straßenseite ein Wegkreuz auf Keltengräber hinweist.


Der weitere Straßenverlauf in Richtung Horath (15 km von Morbach entfernt) führt noch zu zahlreichen Aussichtspunkten, so auch oberhalb von Haag, das drunten mit dem weithin sichtbaren massigen Baukörper seiner Pfarrkirche St. Kunibert (1925/26) an der Hangkante über dem Dhrontal liegt; gegenüber lasten auf ihrem felsigen Klotz Burgruine und Dorf Hunolstein. Die weite Umgebung zeigt sich als siedlungsarm; zwischen Acker- und Wiesenflächen breiten sich große Waldgebiete aus. Stellenweise sind die Hangweiden noch mit Heckenzeilen gegeneinander abgegrenzt. Ginster und vereinzelt frei stehende Baumgruppen deuten auf landwirtschaftlich nicht nutzbaren Untergrund hin, wobei sich unter manchen solcher ›Laubinseln‹ noch unerforschte Bodendenkmäler verbergen könnten. Tief schneiden die Dhron und ihre Seitenbäche ins geologische Relief; insbesondere am Straßenabzweig nach Piesport und Wintrich (beide Orte 12 km entfernt) wirken die verzweigten Täler wie eine einzige gewaltige Schüssel, die im Inneren und bis hoch an ihre Ränder geschlossenen Waldbewuchs enthält.

Den schönen Naturbildern entspricht die Ortseinfahrt nach Horath freilich nicht im geringsten: Der Blick auf die unterhalb gelegene Kirche und das Ortszentrum ist völlig verstellt von den grauen Hallendächern eines Drahtwerkes. Nichts erinnert daran, dass es sich hier um eine Gemarkung handelt, die lange vor der mittelalterlichen Gründung schon einmal von ca. 700 v. Chr. bis weit in 4. Jahrhundert n. Chr. Zentrum einer kontinuierlich fortgesetzten Besiedlung war. Unter den zahlreichen Fundregionen der Kelten- und Römerzeit im Trier Land kommt Horath eine herausragende Bedeutung  zu. Viele Dutzend frühgeschichtlicher Grabstätten konnten in mehreren Gruppen von Bestattungshügeln untersucht werden und haben eine Fülle an Fundgut von der Hunsrück-Eifel-Kultur bis zur späten Römerzeit geliefert. Allein der gewaltige Grabhügel des ›Tönnchens‹ (östlich der jetzigen Ortslage), der teils auf Siedlungsresten des Spätlatène aufgehäuft worden war, enthielt mehr als 140 Beigaben für ein um 100 n. Chr. angelegtes Brandgrab. Deren größter Teil besteht aus Keramikgefäßen, doch fanden sich auch eisernes Gerät, die völlig intakte Aschenurne aus Glas und eine bronzene Öllampe, in welcher noch der Dochtfaden vorhanden war. Der so Bestattete gehörte mit Sicherheit zur Oberschicht der reichen Treverer, und höchstwahrscheinlich ist eine wenig unterhalb ausgegrabene Villa sein Eigentum gewesen. Dieses Landhaus zeugte seinerseits von erheblichen Reichtum: Den 22 Räumen des Hauptsgebäudes war ein 32,50 x 18 Meter großes rechteckiges Wasserbecken vorgelagert. Es ist anzunehmen, dass es zur Fischzucht diente, woraus sich schließen lässt, dass der Inhaber dieses gallo-römischen Hofgutes ihren Wohlstand gewiss als Nahrungslieferanten für die Römersiedlungen Neumagen und Trier an der nahen Mosel erwarben.

Weitere Höfe derselben Zeit erweitern die archäologische Fundkarte um Horath. Wenn auch die meisten Ruinenplätze an der Erdoberfläche kaum noch auszumachen und die Grabhügel zum großen Teil durch Beackern und Verwitterung abgetragen sind, wird man beim Spaziergang in Ortsnähe mit etwas Aufmerksamkeit doch noch etliche dieser Stätten beobachten und identifizieren können. Westlich des Dorfes liegt unter dem Harpelstein, einem prächtigen Aussichtsfelsen über der Dhron, unweit einer Gruppen von elf Grabhügeln ein kleiner Abschnittswall.

Unterhalb Horaths schlängelt sich die moderne Straße stark abschüssig in die ›Talschüssel‹ hinein; mächtige Schieferaufschlüsse klaffen an der Böschung. Niederwald bekleidet hier alle Hänge mit Eichen, Buchen, Erlen, Ebereschen, Fichten, Buschwerk, Ginsterschöpfen und verwilderten Obstbäumen. Bei der Krackes-Mühle wird der Talboden erreicht. Von schmalem Wiesenstreifen flankiert, schäumt die rasch fliessende Große Dhron über Quarzitbrocken und Felsriegel aus Schiefergestein, braust dann gänzlich in den dichten Wald, während die Straße wieder aufwärts über die Hänge verläuft und den Blick in die Schlucht ermöglicht, wo sich felsige Barrieren dem Wasserlauf entgegenstemmen und ihn zu wirren Mäandern zwingen.

Mitten im Wald erreicht man jetzt die wieder zur Hunsrückhöhe hinaufführende Straße nach Thalfang (9 km); zur anderen Seite (rechterhand abwärts) sind es noch acht Kilometer bis Neumagen-Dhron. Etwas unterhalb dieser Abzweigung münden bei Papiermühle Große und Kleine Dhron ineinander; letztere wird meist ›das Dhrönchen‹ genannt. Zum Zurechtfinden in den tief eingekerbten Tälern empfiehlt sich eine Straßen- oder Wanderkarte sehr, denn nahezu überall wird eine Orientierung durch wahre Schlängelstrecken verhindert, und auch von den Höhen aus entziehen sich die Orte in tieferen Lagen zwischen den geologischen Falten dem Blick. Papiermühle also am Zusammenfluss der beiden verschwisterten Bäche - ein geeigneter Ort, um deren ›Steckbrief‹ kurz zu beschreiben: Von ihrer Quelle an den ›Zwei Steinen‹ im Idarwald (unweit von Hinzerath und Burg Baldenau) legt die Große Dhron bis ihrer Mündung in die Mosel bei Neumagen rund 40 Kilometer zurück und überwindet dabei einen Höhenunterschied von 600 Metern (Quelle 710 m. ü. NN; Mündung 100 m). Das Dhrönchen ist hingegen ein ›Kind‹ des Erbeskopfes und bringt es bis zur Einmündung von Papiermühle auf 28 Kilometer Länge (Quelle 680m ü. NN; Mündung 155 m). Insgesamt umgreift dieses Bachsystem ein Einzugsgebiet von 319 Quadratkilometern (darin 138 qkm für die Kleine Dhron).



Text über die Dhron und Umgebung von Uwe Anhäuser, Hunsrück und Naheland, DuMont-Kunst-Reiseführer, 1987

Was beide Tallandschaften kennzeichnet und für Exkursionen so anziehend macht, ist ihre für größere Siedlungen ungünstige Enge und Geschwindigkeit, worauf sich die über weite Strecken erhaltene völlige Abgeschiedenheit gründet. Zahlreiche Wassermühlen klapperten früher hier unten am hurtigen Bach und verarbeiteten das auf der Hochfläche geerntete Getreide. Diese einzeln stehenden Gebäude prägten vormals das Bild; etliche sind unterdessen längst als gastronomische Betriebe zu Ausflugszielen geworden, andere wurden zu Wochenendhäusern umgestaltet, und eine versank im kleinen Dhrönchen-Stausee zwischen Papiermühle und Büdlicherbrück. Auch die Breitwies-Mühle musste damals aufgegeben werden, in der Stefan Anders (1906-1970) als neuntes Kind eines Müllers und Kleinbauern geboren wurde. In seinem 1934 erschienenen Roman ›Die unsichtbare Mauer‹ hat der berühmte Schriftsteller sein nachhaltiges Kindheitserlebnis aufgegriffen, als durch den Staudammbau das ›Zeitalter der Technik‹ den naturnahen Leben im Mühlental ein brutales Ende versetzte.


Bekannter noch und zudem ein die eigentümliche Atmosphäre dieser Gegend großartig widerspiegelndes Werk ist Andres' autobiographischer Roman ›Der Knabe im Bunnen‹, mit dem er seiner Heimat ihr kostbarstes Literaturdenkmal geschenkt hat: »Eine sehr ernste Weise nahm das Wasser an, wenn ich abends mit den Frauen an der Dhron entlang zum ›Bildchen‹ ging. Das war ein bleiches Kapellchen im Wald nahe am Bach, wo er unter dunklen Fichten in einer Schlucht fliesst und sich in der Tiefe am Gestein reibt und tosend von einer Stufe zur anderen herabfällt. Die Frauen beteten stets den Rosenkranz. Immer kehrten dieselben Worte wider, und manchmal vernahm ich zwischen den Aves seltsame Sätze, etwa:›deines Leibes, Jesu, den du, o Jungfrau, im Tempel aufgeopfert hast‹ - ›den du, o Jungfrau, im Tempel wiedergefunden hast.‹ Oder: ›Herr, gib den Seelen im Fegfeuer die ewige Ruh!‹ Die Stimmen der Frauen klangen eintönig, traurig, inständig. Mir fielen ihre Gebete ins Herz, und ohne dass ich ein Wort begriffen hätte, wurde ich ebenfalls traurig. Ich drücke mich in die Falten von Mutters Röcken und lauschte.«
Das von Stefan Andres beschriebene ›Bildchen‹ steht noch (wenngleich durch den Einbau scheußlicher Fenster verunziert): Man findet es gleich am Straßenrand (neben einer Brücke) beim zweiten Gehöft im Dhrönchen drunten. Desgleichen blieb die Breitwies-Mühle erhalten (Privatbesitz), bei welcher man des Dichters ›Kindheitsbrunnen‹, gleichfalls im originalen Zustand, sich noch zweigen lassen kann. Während drüben in Schweich, jenseits der Mosel, ein moderner Stefan-Andres-Brunnen und eine Archivsammlung die Erinnerung an den Mann beschwören, der hier aufwuchs und jetzt im Campo Santo Teutonico des Vatikans bestattet liegt, blieb an seinem einsamen Geburtsort die Idylle unverändert erhalten. Vom regeren Leben im Moseltal durch die Zummethöhe (›summus mons‹ der Römerzeit) abgeschirmt, ist der Landschaftswinkel im Dhrönchen nein köstlicher Ort für eine literarische Wanderung auf den Spuren des ›Knaben im Brunnen‹.

Kapellen und Bildstöcke im Tal und auf den Höhen: Eine Muttergottesskulptur von 1450 birgt auch Büdlichs neugotische Pfarrkirche. Das 1894/95 vom Trierer Dombaumeister Reinhold Wirtz ausgeführt Gotteshaus liess den Chor einer älteren Architektur (15. Jh.) unversehrt. Die Steinkanzel (1617) mit einem Kreuzigungsrelief signierte Heinrich Hoffmann. Weiter talauf kommt man nach Bescheid mit seiner Dreifaltigkeitskirche, einem einfachen Saalbau (1746) mit gleichfalls erhaltenem spätgotischem Chor (1473). Markant erhebt sich ihr mittelalterlicher Rundturm unter hohem Helm.

Einen sehr schönen Anblick gewährt auch das über dem Tal gelegene Berglicht. Seine katholische Pfarrkirche Mariä Geburt ist auf den teils noch erkennbaren Resten eines romanischen Bauwerks (12./13. Jh.) im Jahr 1913 durch den Trierer Baumeister Ernst Brand errichtet worden. Es ist ein durchaus interessante, für diese Gegend sogar recht ungewöhnliche Architektur: Zu beiden Seiten der Chorstufenhalle erheben sich zwei kleine Rundtürmchen. Im Inneren gewahrt man interessanten Bildhauerschmuck in ornamentalen Formen, insbesondere am Eingang zum östlichen Chor; ein steinerner Frauenkopf, eine Engelsbüste sowie Schlusssteine mit Wappen fallen auf. Die Seitenkapellen (dies wird vor allem in der Kirchenrückansicht deutlich) bestehen aus Sakristei und Chor einer gotischen Bauphase (1470). Und in der Chorkapelle findet sich auch ein mit schmiedeeisernem Türchen verschlossenes gotische Sakramentshäuschen als ganz vorzügliche Arbeit aus Sandstein mit dem feinen Relief einer Mondsichelmadonna im Strahlenkranz. Die Taufkapelle (einstige Sakristei) bewahrt eine weitere Skulptur von Rang: ein gegen Ende des 15. Jahrhunderts gefertigtes Büstenreliquiar des hl. Alexius. Der Schlussstein im selben Raum zeigt das Motiv eines von Pfeilen durchbohrten Herzens.




Text über die Dhron und Umgebung von Uwe Anhäuser, Hunsrück und Naheland, DuMont-Kunst-Reiseführer, 1987

Von der Kirche in westlicher Richtung (nach rechts in Richtung Heidenburg) senkt sich die Dorfstraße steil hinab (13,8% Gefälle!); drunten im Ort sind noch ein paar alte Bauernhöfe in der landestypischen Bauweise zu erblicken. Einige Bürger haben in ihren Vorgärten große Quarzitbrocken wie alte Menhire aufgerichtet, ganz so, als wollten sie den prähistorischen Brauch wieder aufleben lassen. Denn bald erreicht man nun die Straße Thalfang-Heidenburg, neben der von Talling, wenig rechts an der Abzweigung nach Schönberg, sich ein mächtiger ›Hinkelstein‹ erhebt. Unter etlichen Menhiren der nahen Umgebung ist er sicher der eindrucksvollste.


Von Berglicht, Talling und Schönberg führen mehrere Straßen zu den Tälern von Dhron und Dhrönchen hinab, während diejenige nach Heidenburg über den Höhenrücken moselwärts verläuft. Diesen Abstecher sollte man nicht versäumen, denn es wird sich wiederum Merkwürdiges zeigen: Ein wenig abseits der 1867 im neugotischen Stil erbauten Pfarrkirche St. Michael ist nämlich als Rest aus älterer Zeit ein Chorraum der Spätgotik (um 1500) auf dem Friedhof stehengeblieben, eine Architektur, die ganz auffällig derjenigen von Berglicht ähnelt. Über dem Spitzbogenportal unter dem einstigen Triumphbogen erblickt man ein kleines Relief mit dem Motiv der Ölbergszene, und das Innere bewahrt noch eine Sakramentsnische, bekrönt von einem in steinernes Astwerk gerahmten Kruzifix zwischen den trauernden Figuren der Maria und der Johannes.

Zurück wieder nach Schönberg (vorbei am ›Hinkelstein‹): In dessen Pfarrkirche St. Vitus (hl. Veit), deren Langhaus hinter romanischem Westturm 1821/22 erbaut worden ist, findet sich gleichfalls ein vom Vorgängerkirchlein übernommener Sakramentsschrein der späten Gotik mit plastischer Zier. Eine mit Krummstab versehene Figur und ein Gottesmann mit Heiligenschein werden als Matthias und Valentinus (?) gedeutet, wöhrend Petrus darunter durch einen riesengroßen Schlüssel zweifelsfrei zu bestimmen ist. Diesen drei sehr schön gestalteten Kleinplastiken ist als vierte eine winzige Pietà beigegeben; ein qualitätsvolles Werk, das im ansonsten eher unscheinbaren Schönberg anzuschauen sich lohnt.

Noch vieles mehr lässt sich entdecken in dieser verschwiegenen Gegend. Drunten bei Büdlicherbrück gibt es den Rockenburger Urwald als grandioses Naturreservat, das man auf stillen Wanderwegen erkunden sollte, und droben präsentieren sich die Quarzitriffe der Berger und der Prosterather Wacken als erdgeschichtliche Raritäten so urwüchsig wie gleicherweise pittoresk. Schön liegt auch Naurath am westlichen Hang über der Kleinen Dhron. Nahebei führt die Autobahn nach Trier, und von der streckenweise parallel zu ihr verlaufenden Straße Hermeskeil-Mehring weiten sich prachtvolle Ausblicke ins hübsche Moseltal.

Abstecher nach Trier mit seinen römerzeitlichen Monumenten und den im Rheinischen Landesmuseum gesammelten Funden der Hunsrücker Ausgrabungsstätten benötigen ab hier keinen großen Zeitaufwand. In kaum 20 Minuten erreicht man die uralte Moselmetropole. Oder man fährt nur bis Fell über eine Route, die von den Hangwäldern hinab in die Weinberge verläuft und dann gleich wieder hinauf, vorüber an Schieferklüften, zur Hochfläche bei Thomm, wo unmittelbar neben einem großen Parkplatz an der Bundesstraße (B 52) fast schneeweiß ein weiterer Menhir die Ackerfläche überragt.

Und dann geht es weiter in Richtung Hermeskeil: Die Schnellstraße überquert ein schon zur Römerzeit bedeutendes Siedlungsgebiet (heute: Straßenraststätte) und erreicht dort, wo vor ausgedehnten Forsten ein riesiges Grabhügelfeld kaum noch oberirdisch erkennbar blieb, das alte Forsthaus Sternfeld. Hier steht jetzt am Abzweig zum schön gelegenen Restaurant Misselbach neben einer anschaulichen Orientierungstafel und bei einem Abenteuerspielplatz die ›Starfield-Discothek‹.

Bevor man aber dermaßen rasch von Fell über Thomm auf Hermeskeil zufährt, wäre vielleicht ein abermaliger Rückblick auf die moselwärts geneigten Hunsrückausläufer noch angebracht. Denn dort unten hat sich ja nicht nur in Trier bemerkenswerte antike und mittelalterliche Geschichte abgespielt, hat nicht nur Neumagen als wahres ›Pergamon Deutschlands‹ eine unvergleichliche Bildhauergalerie der Römerzeit bewahren können, haben Balduin von Trier und Franz von Sickingen ihre kriegerischen Fährten gezogen - dort unten fand außer alledem am Moselfuß des Hunsrücks eine historische Auseinandersetzung statt, die für das Abendland von höchster Bedeutung gewesen ist. Die Rede ist von dem kleinen Ort Riol, wo zwischen den Tälern von Dhron und Ruwer im Jahr 70 n. Chr. die letzte Hoffnung der keltischen Treverer auf politische Unabhängigkeit buchstäblich zerschlagen wurde.

Es war jene Schlacht, durch welche der Bataveraufstand, dem sich die Treverer angeschlossen hatten und der für Roms Vorherrschaft in Mitteleuropa einen sehr gefährlichen Verlauf genommen hatte, niedergeschlagen wurde. Nachdem Feldherr Petilius Cerialis den Aufrührern bei Bingen eine erste Schlappe zugefügt hatte, flohen sie quer über den Hunsrück und verschanzten sich bei Riol (Rigodulum).

Tacitus berichtete: » In vier Tagesmärschen gelangte er (Cerialis) bis Rigodulum. Diesen von Bergen und der Mosel eingeschlossenen Platz hatte Valentinus mit einer starken Mannschaft der Treverer besetzt und auch noch mit Gräben und Barrikaden aus Stein verstärkt. Dennoch schreckten diese Befestigungswerke den römischen Feldherren nicht ab, das Fußvolk durchbrechen und die Reiter einen Hügel hinaufziehen zu lassen, einen Feind verachtend, welcher planlos zusammengerafft, nicht eine so bedeutende Stütze an der Örtlichkeit hätte, dass die Seinigen nicht noch eine größere in ihrer Tapferkeit besässen. Eine kleinen Aufenthalt verursachten das Hinansteigen, solange man die Geschosse der Feinde zu passieren hatte. Als man erst handgemein mit ihnen geworden, wurden die Feinde fortgedrängt und wie im Sturze hinabgeworfen. Ein Teil der Reiter, welcher auf den ebeneren Höhen herumgezogen, nahm die Vornehmsten der Belger, unter ihnen auch den Heerführer Valentinus, gefangen. Nach diesem großen Sieg lag den Römern der Zugang nach Trier offen, und am nächsten Tag rückte Cerialis in die Koloniestadt der Treverer ein.«

Mit dieser entscheidenden Schlacht vor den Toren Triers zwischen den Mündungen von Ruwer und Dhron in die Mosel, war dem bedrohlichen Bataveraufstand gewissermaßen die Speerspitze abgeknickt und das Linksrheinische für Rom wieder zur Botmäßigkeit verpflichtet worden.